Was bringt Low-Code wirklich und wie können Unternehmen profitieren?

Die MicroNova-Digitalisierungsexperten Kay Soltau und Oliver Kraus im Interview

IT-Abteilungen und Unternehmen im Allgemeinen stehen immer stärker unter Druck: Um wettbewerbsfähig zu sein, müssen Geschäftsprozesse effizient und kostengünstig digitalisiert werden. Low-Code/No-Code-Plattformen gewinnen hierbei immer mehr an Bedeutung. Was genau es mit dem Konzept „Low-Code“ auf sich hat, welche Vorteile sich für Unternehmen ergeben und was es zu beachten gilt, erklären die MicroNova-Consultants Kay Soltau und Oliver Kraus im Interview.

Redaktion

Guten Tag und vielen Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt, mit uns über die Potenziale und Herausforderungen von Low-Code für die Digitalisierung zu sprechen. Insbesondere IT-Verantwortliche und Geschäftsführungen suchen nach Möglichkeiten, Prozesse zu beschleunigen und Kosten zu senken. Was sind Low-Code/No-Code-Plattformen und wie können die Tools dabei helfen, diese Ziele zu erreichen?

Soltau

Mit Low-Code/No-Code-Plattformen können auch User ohne tiefgehende Programmierkenntnisse Anwendungen entwickeln und damit Abläufe digital abbilden. Das funktioniert  über intuitive Benutzeroberflächen und ein einfaches Drag-and-drop-Prinzip, über das Bausteine eines Workflows miteinander in Verbindung gesetzt werden.

Kraus

Gerade für Anwender außerhalb der IT-Abteilungen, wie HR- und Projektmanager, ist es wichtig, ohne umfangreiche Schulungen mit dem Tool arbeiten zu können. Die grundlegenden Aufgaben kann jeder umsetzen, auch komplett ohne Programmierkenntnisse. Wenn zusätzliche Funktionen benötigt werden, kommen vorgefertigte Module oder in geringem Umfang benutzerdefinierter Code ins Spiel. Für typische Unternehmensprozesse gibt es außerdem Vorlagen, die direkt eingesetzt und einfach angepasst werden können. So sind Unternehmen insgesamt viel weniger von spezialisierten Entwicklern abhängig und mehr Mitarbeiter können aktiv an der Digitalisierung mitwirken.


Redaktion

Kann es da passieren, dass „Chaos“ in der IT-Landschaft entsteht, weil zu viele Personen mitmischen?

Kraus

Genau das Gegenteil ist der Fall. Schatten-IT existiert bereits durch einzelne Excel-Listen und inoffizielle Workarounds. Durch den Einsatz einer entsprechenden Low-Code-Plattform erhalten Unternehmen ein standardisiertes, zentrales System mit transparenten Zugriffs- und Bearbeitungsrechten. Gerade die Mitarbeiter der Fachabteilungen wissen außerdem, worauf es bei den Abläufen ankommt. Dieses wertvolle Wissen kann durch das Mitwirken der Fachkräfte direkt in die Digitalisierung der Workflows fließen.


Redaktion

Welche Art von Unternehmen kann am meisten von der Nutzung einer Low-Code/No-Code-Plattform profitieren? Vor allem mittelständische Unternehmen mit begrenzten Ressourcen stehen ja oft vor der Herausforderung, ihre Digitalisierung effektiv und gleichzeitig kostenschonend voranzutreiben.

Soltau

Besonders mittelgroße Unternehmen profitieren stark, da sie oft nicht die Mittel für große IT-Teams oder externe Dienstleister haben. Mit Low-Code/No-Code können sie trotzdem eigene Anwendungen entwickeln und ihre Digitalisierung vorantreiben, selbst bei komplexeren Applikationen.

Kraus

Unternehmen werden dadurch einfach effizienter. Ein konkreter Use Case ist beispielsweise die Digitalisierung und Automatisierung von Genehmigungsprozessen. Bei einem mittelständischen Unternehmen haben wir mit einem Low-Code-Tool hierfür einen digitalen Prozess erstellt, mit dem wir die Durchlaufzeit um 40 Prozent reduzieren konnten. Knapp 50 Prozent aller Anträge konnten durch die Digitalisierungsmaßnahme noch am gleichen Tag genehmigt oder abgelehnt werden.


Redaktion

Welche typischen Herausforderungen beobachtet ihr bei Unternehmen und welche Lösungen bieten Low-Code/No-Code-Plattformen hierfür?

Kraus

Ganz häufig kämpfen Unternehmen mit ineffizienten Prozessen, langen Entwicklungszeiten und damit verbunden hohen IT-Kosten. Oft sind Prozesse mit dem Unternehmen gewachsen und es kommen noch Papierformulare und Excel-Listen zum Einsatz. Das ist heute nicht mehr zeitgemäß und es gibt wesentlich bessere Lösungen: Mit Low-Code-Tools entstehen in kurzer Zeit nutzerfreundliche, schlanke und vor allem effektive Prozesse. Wichtig ist, dass dabei auch der Prozess selbst gleich analysiert und gegebenenfalls optimiert wird.

Soltau

Manuelle Prozesse sind nicht nur zeitaufwändig und umständlich, sondern auch fehleranfällig. Durch Automatisierungen erreichen wir schnell spürbare Verbesserungen. Für viele typische Geschäftsprozesse, wie zum Beispiel Rechnungsprüfungen, können manuelle Fehler minimiert und die Bearbeitungszeit drastisch verkürzt werden.


Redaktion

In welchen Fällen stoßen Low-Code-Tools an ihre Grenzen?

Soltau

Bei sehr komplexen Anwendungen wie beispielsweise der Entwicklung von hochgradig individualisierten und spezialisierten Anwendungen sind traditionelle Programmiermethoden weiterhin gefragt. Es kommt zwar in der Praxis nicht so häufig vor, aber beide Ansätze lassen sich auch erfolgreich kombinieren: Wir arbeiten gerne mit Low-Code-Plattformen, mit denen SQL-Abfragen oder JavaScript und SDKs für komplexere Erweiterungen eingesetzt werden können. So sind Unternehmen für alle Fälle flexibel und zukunftssicher aufgestellt.


Redaktion

Ein weiterer wichtiger Punkt für Unternehmen ist der Schutz sensibler Daten. Welche Sicherheitsvorkehrungen sind auf Low-Code/No-Code-Plattformen vorhanden, um Unternehmensdaten zu schützen?

Kraus

Die Plattformen ermöglichen umfangreiche Sicherheitsfeatures wie Datenverschlüsselung, Zugriffskontrollen und natürlich regelmäßige Sicherheitsupdates. So sind sensible Daten gut geschützt. Darüber hinaus verfügen viele Low-Code/No-Code-Plattformen über integrierte Sicherheitsprotokolle, die sicherstellen, dass nur autorisierte Benutzer auf bestimmte Daten zugreifen können.

Soltau

Funktionen wie Multi-Faktor-Authentifizierung und rollenbasierte Zugriffskontrollen bieten zusätzliche Sicherheitsebenen. Zudem lassen sich Sicherheitsrichtlinien zentral verwalten und durchzusetzen. Das Risiko von Datenlecks und Cyberangriffen wird so auf ein Minimum reduziert. Die meisten cloudbasierten Lösungen speichern die Daten für europäische Kunden innerhalb der EU. Hier gelten entsprechend die EU-Gesetze zum Schutz von Unternehmensdaten.


Redaktion

Wie sieht es mit der Integration vorhandener Systeme aus? Viele Unternehmen haben bestehende IT-Lösungen, die sie weiter nutzen möchten.

Soltau

Absolut. Viele Unternehmen nutzen Outlook, Teams, Trello etc. Diese bestehende Software kann in der Regel einfach integriert werden. Damit können zum Beispiel Einträge automatisch generiert oder Personen bei offenen To-dos benachrichtigt werden.

Kraus

Zudem ermöglichen Schnittstellen, sogenannte APIs, und Konnektoren die Anbindung an zahlreiche externe Anwendungen und Datenbanken. Auch ERP- und CRM-Systeme können einfach eingebunden werden. Das wiederum erhöht die Flexibilität und Skalierbarkeit der Lösungen. Unternehmen können ihre digitalen Prozesse auf diese Weise optimieren, ohne ihre gesamte IT-Landschaft umstellen zu müssen.


Redaktion

Welche Trends und Entwicklungen beobachtet ihr aktuell im Bereich Low-Code/No-Code?

Kraus

Die nahe Zukunft wird stark von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning geprägt sein. Diese Technologien werden in Low-Code/No-Code-Plattformen integriert, um noch leistungsfähigere und intelligentere Anwendungen zu ermöglichen. KI kann gut genutzt werden, um Muster in Daten zu erkennen. So lassen sich zum Beispiel Vorhersagen zur Optimierung von Geschäftsprozessen zu treffen. Auch automatisierte Entscheidungsfindung auf Basis großer Datenmengen wird eine immer wichtigere Rolle spielen.

Soltau

Zum Beispiel durch vorgefertigten E-Mails oder KI-basierte Workflow Builder erleben wir die ersten Optimierungspotenziale durch Künstliche Intelligenz schon jetzt bei der Arbeit mit den Low-Code-Tools. Diese Funktionen werden immer leistungsfähiger und umfangreicher.


Redaktion

Vielen Dank für diesen Einblick. Gibt es noch etwas, das ihr unseren Lesern mit auf den Weg geben möchtet?

Soltau

Ja, ich möchte betonen, dass die Digitalisierung kein einmaliges Projekt ist, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Mit Low-Code/No-Code-Plattformen haben Unternehmen ein mächtiges Werkzeug, um diesen Prozess erfolgreich zu gestalten. Am wichtigsten ist es, offen für neue Technologien zu sein und ins Tun zu kommen. Mit einem flexiblen System an der Hand können Abläufe dann laufend weiterentwickelt und optimiert werden.

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